Dezentrale Kraftwerke

letztes Update
09.11.2023

Die Klimakrise erfordert den raschen Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger.[1]

[1] vgl. IPCC, 2022b, S. 685f.

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Gleichzeitig stellt der wachsende, absolute Stromverbrauch (über 50 % Zunahme zwischen 1990 und 2021)[2] eine große Herausforderung dar:

Neben einer wachsenden Bevölkerung und der Zunahme an elektrischen Geräten in unseren Haushalten wird die Dekarbonisierung ganzer Wirtschaftszweige (z. B. E-Mobilität, Wärmepumpen, chemische, pharmazeutische sowie Stahlindustrie) den Bedarf an (erneuerbaren) Strom weiter steigern.[3]

Doch bis 2030 soll der gesamte Stromverbrauch aus erneuerbaren Quellen stammen.[4]

[2] vgl. Statistik Austria, 2023a, Register Elektrische Energie
[3] vgl. UBA, 2023a, S. 109f.
[4] vgl. Bundeskanzleramt, 2020, S. 72

Der Bau neuer Kraftwerke, um den steigenden Strombedarf zu decken, stößt in gewissen Gebieten aber immer wieder auf Kritik oder Widerstand.

So ist darauf Acht zu geben, dass es zu keinem Zielkonflikt mit dem Naturschutz kommt, indem beispielsweise sensible Ökosysteme durch Projekte zerstört werden.[5] [6]

Angesichts der Herausforderung, die Energiewende zu meistern, sind insbesondere Partikularinteressen (der sogenannte Not-in-my-backyard-Effekt; auf den eigenen Vorteil bedacht) kritisch zu hinterfragen.

Interessenkonflikte, beispielsweise der Widerstand im Zusammenhang mit Windkraftwerken, können aber im Rahmen von Beteiligungsverfahren adressiert werden.[7] [8]

Neben der Energiewirtschaft werden Privathaushalte, Gemeinden und Unternehmen in Zukunft eine noch größere Rolle spielen, indem die klassischen Endverbraucher:innen gleichzeitig auch zu Stromproduzent:innen (sogenannte Prosumer) werden.

[5] vgl. Kirchengast et al., 2019, S. 90
[6] vgl. APCC, 2014, S. 110
[7] vgl. Svanda & Zech, 2022, S. 14f.
[8] vgl. Kirchengast et al., 2019, S. 38

Heimische Stromerzeugung 2019 und Szenarien für 2030 und 2040

Zur Erreichung der Klimaneutralität in Österreich (NT 2040 CN) geht die Austrian Power Grid (APG) davon aus, dass sich die installierte Leistung an Erzeugungsanlagen bis 2030 verdreifachen muss (oben). Wie stark die einzelnen Energieträger absolut und relativ ausgebaut werden müssten, zeigt die untere Grafik. Um diese Mengen transportieren zu können, muss die Leistungsfähigkeit der Stromnetze um den Faktor 10 gesteigert werden.[9]

Grafik: vgl. APG, 2021, S. 2ff. 
[9] vgl. APG, 2021, S. 7f.

Wir werden zu Stromproduzent:innen

Immer mehr Menschen decken ihren Eigenbedarf durch die Installation erneuerbarer Stromanlagen teilweise oder fast vollständig ab – im Schnitt stieg zwischen 2005 und 2021 die installierte Leistung von Photovoltaikanlagen jährlich um ein Drittel.[10]

Wo es wenig Beschattung gibt, sind PV-Module am Dach praktisch immer eine gute Investition – vor allem bei hohen Strompreisen.

Investieren auch die Nachbar:innen in erneuerbare Energien, so kann mit der Bildung einer Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft der Strom auch untereinander gehandelt werden.

Damit die Ausgaben für Netzgebühren, die rund ein Drittel der Stromrechnung ausmachen, deutlich gesenkt werden.[11] [12]

[10] vgl. BMK, 2022b, S. 22
[11] vgl. Klima- und Energiefonds, 2023a
[12] vgl. E-Control, 2023

Robert Poorten / stock.adobe.com

Wie funktionieren Energie­gemein­schaften?

Es gibt drei Hauptformen von Energie­gemein­schaften:[13]

Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA):[14]

  • komplett privat,
  • begrenzt auf das Grundstück,
  • kein Handel möglich.

Lokale Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) im Niederspannungsnetz und regionale EEG (auch) im Mittelspannungsnetz:[15]

  • Nahbereich (einheitlicher Netzbetreiber)
  • Handel von Strom, Wärme und Gas auf Basis erneuerbarer Energieträger,
  • keine Gewinnorientierung als Hauptzweck.
  • Vorteil lokaler Speichermöglichkeit bei Blackouts.

Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) (auch) im Hochspannungsnetz:[16]

  • keine regionale Bindung,
  • keine Gewinnorientierung als Hauptzweck,
  • Handel nur von Strom, welcher auch aus nicht-erneuerbaren Energieträgern stammen darf.

An Energiegemeinschaften können sich nicht nur Privatpersonen, sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen, Vereine, Glaubensgemeinschaften, öffentliche Einrichtungen sowie Gemeinden beteiligen.

[13] vgl. Klima- und Energiefonds, 2023b
[14] vgl. Klima- und Energiefonds, 2023c
[15] vgl.  Klima- und Energiefonds, 2023d
[16] vgl. Klima- und Energiefonds, 2023e

Die Vorteile sind umfassend, z. B.:[17]

  • selbst definierte Preise für den Handel untereinander schaffen Preisstabilität,
  • regionale Netze mit Pufferspeicher erhöhen die Resilienz, z. B. gegenüber Blackouts,
  • gemeinschaftliche Organisation erleichtert die Etablierung von Sharing-Modellen und Solidarität gegenüber Energiearmut,
  • für Unternehmen wird die Sektorkopplung erleichtert.
[17] vgl. Klima- und Energiefonds, 2023a

Gemeinden und Unternehmen ermöglichen die dezentrale Energiewende

Gemeinden können die Energiewende mittels koordinierenden Tätigkeiten fördern und indem sie beispielsweise selbst an Energiegemeinschaften teilnehmen, diese administrativ unterstützen und ihre Verbreitung fördern.

Sie kann auch sozialpolitische Akzente setzen und durch die preisliche Mitgestaltungsmöglichkeit Menschen unterstützen, die von Energiearmut betroffen sind.[18]

Sowohl Gemeinden als auch Unternehmen haben in vielen Fällen gegenüber Privathaushalten einen Flächenvorteil.

Sie können ihre Gebäude, Brachflächen und kontaminierte Böden, aber auch Parkplätze (Überdachung) für den PV-Ausbau zur Verfügung stellen und die Möglichkeiten für einen ausreichenden Pufferspeicher anbieten. Davon profitieren diese letztlich auch selbst.

[18] vgl. Klimabündnis, 2021

Sektorkopplung

Sektorkopplung betrifft unterschiedliche Einheiten (Unternehmen oder Haushalte) oder Bereiche.

Die intelligente Verschaltung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität ermöglicht dabei ein großes Einsparungspotential bei den Kosten und reduziert die Energieverschwendung.

Gerade für produzierende Unternehmen ergeben sich dadurch Standortvorteile, wenn sie ihren Energiebedarf optimieren. Die Energieraumplanung kann mitunter die Sektorkopplung unterstützen.

Beispiele sind die Nutzung von Abwärme zur Beheizung oder auch die Nutzung von überschüssiger Energie, die ggf. umgewandelt und zwischenzeitlich gespeichert wurde.[19]

[19] vgl. Kirchengast et al., 2019, S. 84ff.

Perspektiven für die Landwirtschaft

Für Landwirt:innen kann Agri-PV (Agrivoltaik[20]) eine interessante Option und zusätzliches Einkommen darstellen: Dabei werden landwirtschaftliche Produktion und Photovoltaik kombiniert.[21] [22]

Es sollte dabei aber verhindert werden, dass wertvolle Ackerböden in Gunstlagen versiegelt werden.

PV-Module können entsprechend vertikal oder auf einer bestimmten Mindesthöhe horizontal angebracht werden, damit die darunterliegenden Flächen etwa als Acker, Obsthain oder Wiese weiter nutzbar bleiben.

Dabei bieten die installierten Module beispielsweise auch einen Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung (Sonnenbrand), (Stark-)Regen (z. B. Fäule, Pilzbefall) oder Hagel.[23]  Die Ressource Boden wird dadurch geschont.

Eine entsprechende Fachberatung über Potenziale, Kosten und Risiken[24] sollte eingeholt werden. Beispiele findet man unter den Sonnenstrom-Bauern und über das Frauenhoferinstitut ISE.

[20] bspw. Sonnenstrom-Bauern, o. J. 
[21] vgl. Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, 2022
[22] vgl. Photovoltaik Austria, 2020
[23] vgl. Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, 2022, S. 6f. 
[24] siehe auch eHora, o. J., zur Risikoeinschätzung, z. B. ob Solarpaneele selbst durch (große) Hagelkörner beschädigt werden könnten.

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